Die St.-Paulus-Kirche in Fulda, Ziehers-Nord, liegt am • Platz der Weißen Rose". Er wurde nach der Bewegung der Geschwister Scholl und ihrer Mitverschworenen benannt, die ihr Zentrum in der Universität München hatte; ihr Ziel war, das deutsche
Volk gegen die unmenschlichen Taten des Dritten Reiches aufzurufen. Die Bewegung wurde entdeckt, und die Mitglieder des Kreises der • Weißen Rose" opferten ihr Leben zur Ehrenrettung Deutschlands. Das Denkmal der ,.Weißen Rose" steht unmittelbar vor der St.-Paulus-Kirche. Die Bildhauerin des Denkmals,
lnga von Sternburg, zeigt mit dem Werk das Geschehen auf: die Rose, die zum Fanal werden sollte und die zur Opferflamme wurde.
Die Kirche St. Paulus bildet die Dominante des Platzes, den sie mit ihrem hohen Zeltdach beherrscht. Die locker gruppierten Profanbauten des Platzes sind in altroten Tönen gehalten, dagegen steht der heilige Bezirk in reinem Weiß seiner
Wände.
Zwei Architekturwettbewerbe - ausgeschrieben von den geistigen Schöpfern der Fuldaer Außenbezirke und damit auch insbesondere des Stadtteils ZiehersNord, Oberbürgermeister Dr. Alfred Dregger und Stadtbaurat Dipl.-lng. Hans Nüchter, für die städtebauliche Gesamtgestaltung des Platzes und der GeschwisterScholl-Schule und von der katholischen Kirchengemeinde St. Paulus für die Gestaltung des kath. Gemeindezentrums mit Kirche, Gemeinde- und Jugendräumen, Kindergarten und Schwesternwohnheim - legten in zwei getrennten Entscheidungen die Planung in eine Hand.
Da die Umbauung des Platzes lockere Baugruppen zeigt, wurde der geistliche Bezirk straff zusammengefaßt, um ihm eine selbständige Haltung inmitten der profanen Umwelt zu verleihen. Der Hauptbau dieses rel igiösen Bereiches ist naturgemäß die Kirche. Ihr Haupteingang liegt nach einem Vorschlag des Domkapitulars Monsignore Professor Dr. Pralle in dem Vorhof, der zwischen der verkehrsreichen Außenwelt und dem stillen Gottesbezirk liegt.
Die Besucher gelangen über eine breite Freitreppe von der Goerdelerstraße her auf den Vorplatz der Kirche, der auf der rechten Seite vom Glockenständer betont wird und sich nach links zum .. Platz der Weißen Rose" öffnet. Von hier führt der Weg durch einen Arkadengang in den Vorhof und von da aus zum Kircheninnern. Beim Betreten der Kirche umfaßt man den Innenraum mit einem Blick als Oktogon mit zentraler Stellung des Altars in der Mitte, umgeben von den acht Wänden aus römischem Travertin, dem gleichen Stein, aus dem die Kirchen Roms erbaut sind. Zur Erreichung eines Wohlklangs zwischen Sprache und Musik wurde die Travertinverkleidung der Wände gefaltet, und aus dem gleichen Grunde erhielt das hohe Zeltdach im lnnern eine Verkleidung aus Holz, die Ton und Wort einen
weichen Klang verleiht.
Die acht Farbfenster, gestaltet von Professor Haegele, erhöhen die religiöse Stimmung
des Raumes. Sie sind in Giebelform zwischen Mauerwerk und Zeltdach eingespannt und ergeben eine diaphane Wand, die in rubinroten und saphirblauen Tönen wie Edelstein flimmert, eine Verbindung zum himmlischen Raum. Die Spannung zwischen dem sakralen Bereich des Altars und dem Raum der Gemeinde in den Längskirchen führt im Zentralbau zu einer innigen Gemeinsamkeit
(....)
Grundsätzliches zur Fenstergestaltung
Glasfenster bestehen nicht für sich, sie sind ein Teil der Architektur, mit Gläsern gebaute Wände. Sie sind Abschluß und Offnung zugleich. Aufgabe ist also, ein Spannungsfeld zwischen außen und innen zu schaffen. Die technisch bedingten Bleilinien werden zum Träger von Kräften, von Kraftfeldern. Diesen Linien folgt das Auge. Sie werden zu einem Weg i n uns. Aus dem Neben- und Miteinander der Linien und Farbflächen ordnet sich, wenn wir ihrem Ablauf folgen, wenn das Auge von Thema zu Gegenthema geführt wird, eine gebaute Weit.
Grundsätzliches zu "gegenstandslos" Gegenstandslos heißt nicht inhaltslos. Wenn es richtig ist, daß Farben und Linien in bestimmten Verbindungen bestimmte Ausdruckswerte besitzen, wenn also sinnliche Form nichts anderes ist als von außen wahrgenommene seelische Bewegung, dann ist es auch möglich, mit vorbildlosen Gestaltschöpfungen aus Farben und Linien die ganze Weite und Tiefe des menschlichen Daseins auszusprechen.
Thematischer Ausgangspunkt
Den Fenstern fällt die Aufgabe zu, dort, wo der Gemeinderaum vom Architekten gleichsam wie unser Dasein aufgerissen und geöffnet ist, das Einfließen der Gnade und der göttlichen Herrlichkeit spürbar werden zu lassen.
Spürbar werden zu lassen, was sich in diesem Kirchenraum letztlich vollzieht: nämlich, daß der irdische Raum durchstoßen wird durch das Opfer - von Gott her zum Menschen und vom Menschen zu Gott hin. Dies spürbar werden zu lassen, das können Glasfenster, die einen transparenten Raum in den gebauten Raum einfließen lassen. Das sich anbietende Thema von der Architektur her: "Wirken des Geistes.
Begründung: Die Achtzahl, Oktogon (Grundriß der Kirche), war schon in frühester Zeit Symbol des Vollkommenen, Symbol der Auferstehung und der Neuschöpfung in der Taufe. Im ersten Petrusbrief findet sich ein Hinweis auf die acht Seelen, die in der Arche aus der Sintflut gerettet werden. Sie versinnbildlichten, da sie acht an der Zahl waren, den achten Tag, an welchem Christus von den Toten auferstanden und erschienen ist. Voll Wirklichkeit wird das Geheimnis der Achtzahl jedoch erstam Jüngsten Tag, an dem .. wahren Tag ", an dem unsere Natur neu geschaffen,
das Vergängliche und alle Mühsal abgeschafft werden.
Das "Dreieck" selbst, also die Fensteröffnung, erweckt von der Form her den Eindruck von Leben und Bewegung.
Im Altertum war es Lichtsymbol Im Leben des St. Paulus bestimmte die Geistherabkunft die entscheideilden Ereignisse.
Sinnfällige Zeichen für Geist, Pneuma, Hauch sind Feuer, Wind, Licht und Wasser.
Im Tedeum der Gertud von Le Fort finden wir eine schöne, bilderreiche Formulierung
... Du Gott deines Geistes,
f I u t e n der Gott in deinen Tiefen von Liebe zu Liebe,
b r a u send er Gott bis hinab in meine Seele,
weh end er Gott durch al l meine Räume,
z ü n d ende r Gott durch alle meine Herzen,
ich danke dir bis an die Chöre deiner Engel.
Professor Haegele
Prof. Dr. Rimpl hat in dem Oktogon der Kirche von Ziehers-Nord der Gemeinde eine zentrale Mitte gegeben, ein Gotteshaus, das wiederum in seiner Mitte Altar und Kreuz hat- optische und kultische Mitte -, ein Ort, an dem einmal Wahrheit werden soll, was Christus denen, die sein Leben nachleben wollen, versprochen
hat: "Si exaltatus fuero a terra, omnia traham ad meipsum - Wenn ich erhöht sein werde von der Erde, so will ich sie alle zu mir ziehen" (Joh. 12, 32). Das Herz des Christentums ist Christus, der Gekreuzigte und Auferstandene, der von den Seinen sagt: Ich will, daß sie das Leben in Fülle haben, und der uns dieses Leben,
diese Fülle mit seinem Herzblut erkämpft hat.
Ich habe darum versucht, an diesem Kreuz in St. Paulus etwas vom Tode und der Auferstehung aufleuchten zu lassen. Das Kreuz ist unser Lebensgesetz. Mit all seiner Todesnot ist es uns auferlegt und mit all seinem " Ärgernis", wie es der Apostel Paulus, der Schutzpatron dieser Kirche, in 1 Kor. 1, 18 sagt. Aber es soll uns auch seit Christi Tod, wenn wir mitten im Todesschatten wandern, ein "großes Licht" sein, eine Lebensquelle, die in jedem Meßopfer uns zufließt, .. pro vita saeculi"" .
Ich habe das Kreuz als Lebensbaum gestaltet. Es ist aus Bronze, und an seinen vier Enden sind Trifolienblätter aus grünem "Verdit" , einem Halbedelstein. Das Kreuz ist ca. 2,80 : 2,75 m groß.
Auf der einen Seite ist in der Mitte ein großer Stein, eine Erzformation mit wunderbaren, purpurfarbenen, transparenten Fluorit-Kristallen. Sie sollen ein Bild des purpurfarbenen Erlöserblutes sein, das in seiner Transparenz Licht in die Todesnacht strömen läßt, sie lichthell wie den Tag macht, wie es im Exsultet heißt. Von dieser Nacht, die hell, transparent wird, verkündet uns das Exsultet, daß sie unsere Schuld abwäscht, uns Traurigen Freude ins Herz gibt, und daß sie uns eines Herzens und eines Sinnes werden läßt - eine wunderbare Verheißung
und Aufgabe! Auf der anderen Seite habe ich das Bild Christi dargestellt mit dem Text: .. Ego vos reficiam - Ich will euch erquicken " (Matth. 11 , 28).
Dieses Bild des " lebendigen Gottes" über dem Altar, auf dem sich täglich sein Opfer vollzieht, möge uns sei ewiges Leben verkünden. Die Wundmale leuchten wie Granate, und Christus zeigt auf seine offene Seitenwunde. ln ihm, Christus, ist uns das Prophetenwort wahr geworden: Ich will das steinerne Herz (das Gesetz) hinwegnehmen und ihnen ein Herz von Fleisch geben (Christus), damit sie in meiner Ordnung wandeln " (Ezech. 11 , 19).
Aber er selbst hat es wiederholt, was bei dem Propheten Osee (11 , 7) steht: "Gelegt ist mein Joch auf sie allzumal, und nichts wird hinweggenommen"- "Ich bin nicht gekommen", sagt Christus, "das Gesetz aufzuheben, sondern es zu erfüllen. " Und die Erfüllung und Ordnung, aus der wir nicht entlassen werden, ist sein einziges Gebot: " ... ut di ligatis invicem sicut dilexi vos - daß ihr einander liebet wie ich euch liebe" (Joh. 13, 34).
Schauen Sie sich um auf unserer Homepage. Schauen Sie auch zu unseren Gottesdiensten und Veranstaltungen herein.
Es wird unser Gemeindeleben sicher bereichern.
© St. Paulus, Fulda